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Nach einem Boom von Anträgen in den Kreisen Coesfeld, Steinfurt und Borken mit Hühnermastanlagen entstanden dort an vielen Stellen Bürgerinitiativen, die sich dagegen zur Wehr setzten. Ausgelöst durch den Protest, in der Erwartung noch höherer Nachfrage oder weil ihnen das Geschäftsfeld „Eierproduktion in Käfighaltung“ verloren geht, versucht die Agrarindustrie weitere Standorte zu finden, an denen sie Lohnmäster findet. Ist der jetzt beantragte Betrieb in Schermbeck erst der Versuchsballon oder Vorreiter? Wir Grünen lehnen die Ansiedlung solcher Betriebe in Schermbeck ab:
1. Hühnermast passt zu anderen Akzenten der Gemeindeentwicklung nicht: Schermbeck ist ein viel nachgefragter Ort für Naherholung. Die Üfter Mark ist explizit nach RVR-Planungen hierfür hergerichtet. Ein weiteres gern angenommenes Ausflugsziel ist der Dämmerwald. Zahlreiche Gastronomiebetriebe außen herum profitieren hiervon. Intensive Landwirtschaft mit starkem Geruch macht diese Angebote unattraktiv. Hühnerkot ist durch hohen Ammoniakgehalt besonders geruchsintensiv. Zusätzlich verschandeln die Ställe die Landschaft und wirken auf Besucher abstoßend.
2. Nachbarn sind nicht angemessen geschützt: Die Genehmigung von Hühnermastbetriebe mit einem Besatz unter 40000 Tieren wird nach dem vereinfachten Verfahren, also ohne Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltverträglichkeitsprüfung, durchgeführt. Mangels vorgeschriebener Grenzwerte ist auch eine Entlüftung ohne Filterung möglich. Auf diese Weise gelangen Bioaerosole in die Umgebung und damit Milbenkot, Schimmelpilze, Viren und Bakterien, die zum Teil antibiotikaresistent sind, ungehindert in die Umgebung. Diese Schadstoffe können nicht nur bei Besuchern, sondern vor allem auch bei Nachbarn Asthma, Allergien sowie chronische Erkrankungen auslösen. Auch wenn die Anlagen im Außenbereich stehen und Anwohner mit Einflüssen durch die Landwirtschaft rechnen mussten, halten wir es für unangemessen, wenn Nachbarn, die ja eine gültige Bauerlaubnis durch die Gemeinde erhalten haben, diese extreme Belastung zugemutet wird.
3. Tierschutz muss berücksichtigt werden: Bischöfin Käßmann äußert sich so zur Hühnermasthaltung: Die Bauern sind herausgefordert, in dem Tier das Mitgeschöpf wahrzunehmen und es nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten.“ Der deutsche Tierschutzverband spricht von tierquälerischer Haltung. In den Brütereien werden die geschlüpften Küken über Fließbänder in Kartons geschoben und an die Mäster versendet. Die anfänglich 42 g schweren Küken nehmen in 4 Wochen auf 1100 g (Kurzmast) oder in 6 Wochen auf 2000 g (Broiler, Langmast) zu. Züchtung von Rassen (Hybriden) auf schnelle Zunahme und fehlendes Sättigungsgefühl sowie Hochleistungsfutter ermöglichen das. Ferner wurde schneller Fleischansatz im Brustbereich angezüchtet. Durch den unphysiologisch großen Brustmuskel ist kein natürliches Gleichgewicht mehr vorhanden, Beine und Hüften werden erheblichem Druck und starker Spannung ausgesetzt. Dies kann Verdrehungen der Beine und schmerzhafte Beindeformationen verursachen. Nach Erreichen des Mastgewichts werden die Tiere in Transportbehälter verfrachtet und zum Schlachtbetrieb gefahren. In vielen Fällen werden dort die Behälter einfach ausgekippt, die Hühner kopfüber mit den Füßen an Transportbänder gehängt und zur Elektrobetäubung in ein Wasserbad befördert. In neuen Schlachtanlagen werden sie stattdessen zur CO2-Betäubung in einen Tunnel gekippt, was durch Feuchtigkeit zu Kohlensäure reagiert und für die Tiere wegen Erstickungsnot besonders unangenehm ist. Zum Schluss werden sie an rotierenden Messern vorbeigezogen.
4. Wirtschaftlichkeit muss auf längerfristigen Erfolg ausgelegt sein: Zur Zeit ist die Hühnermast noch ein lohnendes Geschäft. Zwar wird nur ein Ertrag von 0,08 pro Tier erzielt. Da die tägliche Arbeitszeit auf ca. 1 ½ Stunden bei der Anlage mit einem Besatz von knapp 40.000 Hühnern gering ist, wird bei 280.000 Tieren pro Jahr ein (zur Zeit) leicht erzielbarer Gewinn erreicht. Der Landwirt ist in einen agrarindustriellen Prozess eingebunden, in dem das Sagen Großinvestoren, Futtermittelhersteller oder Großschlachtereien haben. Nach Einschätzung von Experten wird die Entwicklung der Nachfrage den Steigerungserwartungen dieser Unternehmen auf Dauer nicht nachkommen. Der dann entstehende Preisdruck wird an die Landwirte weitergegeben, die in der Anfangsphase (z.B. 1 Jahr lang) noch garantierte Preise haben. Die Konkurrenz aus nichteuropäischen Ländern wird ein Übriges tun. Die Milchpreisentwicklung zeigt es, was beim Bauern übrig bleibt, wenn das Marktgeschehen andere bestimmen.
Es gibt Alternativen, die genutzt werden sollten. Zunächst steht es jedem Mastbetrieb frei, zusätzlich zum Schutz der Nachbarn wirksame Filter einzubauen.
Außerdem gibt es sinnvolle Alternativen bei den Haltungsformen. Diese Alternativen stehen dem Verbraucher zur Verfügung, aber auch dem Landwirt. Sie reichen von der extensiven Bodenhaltung bis zur Ökotierhaltung und sie unterscheiden sich nach Zucht und Mastdauer, Herdengrößen, Besatzdichte im Stall und Besatzdichte im Auslauf. Unten finden Sie LInks zu weiteren Informationen. Für Verbraucher gibt es Hinweise, worauf beim Einkauf geachtet werden kann.