Neues Gentechnikgesetz gefährdet Wahlfreiheit und Lebensmittelqualität

Umweltverbände und Lebensmittelwirtschaft fordern Sicherung der gentechnikfreien Landwirtschaft

26.11.07 – von Quelle: BUND Newsletter –

Berlin: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), der Ökologische Ärztebund, der Verband Privater Brauereien Deutschland und UnternehmensGrün, der Bundesverband der grünen Wirtschaft, fordern entscheidende Nachbesserungen am neuen Gentechnikgesetz. Es wird dem Parlament am kommenden Freitag zur ersten Lesung vorgelegt.

In einem von 36 Verbänden unterzeichneten Offenen Brief an die Abgeordneten des Bundestages und in einem Manifest, das von zahlreichen Unternehmen unterzeichnet wurde, verlangen sie die Sicherung der gentechnikfreien Lebensmittelwirtschaft. Die gentechnikfreie Saatgutgewinnung und Landwirtschaft müssten geschützt, die Artenvielfalt dürfe nicht beeinträchtigt werden und die Verbraucherbraucherpreise dürften durch die Gentechnik nicht steigen. Das Manifest wird mitgetragen von Peter Kowalsky („Bionade“), Alfred Ritter („Ritter-Sport“), Joseph Wilhelm („Rapunzel“) und den Gebrüdern Ehrnsperger („Neumarkter Lammsbräu“).

Erforderlich seien eine Strategie, die Kontaminationen durch Gentechnik verhindere sowie eine Haftung, die alle Schadensfälle abdecke. Der Anbau nicht koexistenzfähiger gentechnisch veränderter Organismen (GVO) müsse verboten werden.

„Wir appellieren an die Abgeordneten, die Gewinninteressen eines marginalen Wirtschaftsbereichs nicht über die Interessen der Landwirte und der Verbraucher zu stellen“, sagte Hubert Weiger, agrarpolitischer Sprecher des BUND. „Agrarminister Horst Seehofer ignoriert, welch große Bedrohung die Gentechnik für die Artenvielfalt darstellt. Herbizidresistente Pflanzen führen zu einem dramatischen Anstieg beim Spritzmitteleinsatz. Große Mengen an Giften gelangen so in den Boden, die Gewässer und die Nahrungskette.“

Für rund 800 deutsche Brauereien, die sich gegen Gentechnik ausgesprochen haben, sagte Roland Demleitner, Geschäftsführer des Verbands Private Brauereien Deutschland: „Gentechnik ist ein Angebot ohne Nachfrage. Für unsere Brauer schließen sich das seit 1516 geltende Reinheitsgebot für Bier und der Einsatz gentechnisch modifizierter Braurohstoffe eindeutig aus. Unsere Kunden wollen Qualitätsprodukte ohne Gentechnik.“

Angela von Beesten, Vorsitzende des Ökologischen Ärztebundes: „Es gibt keine belastbaren Studien über Wirkungen von GVO auf den Menschen. Fütterungsstudien mit Bt-Mais bei Ratten haben Änderungen im Blutbild und Störungen der Leber- und Nierenfunktion gezeigt. Bei derart die Gesundheit des Menschen tangierenden Fragen gibt es nur eine Antwort: die Anwendung des Vorsorgeprinzips in Gestalt eines Verbots gentechnisch veränderter Lebensmittel.“

Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Vorstands des BÖLW: „Die Politik muss dafür sorgen, dass die Verursacher die GVO-Analysekosten tragen. Es kann nicht sein, dass wegen einiger Weniger, die sich einen Gewinn aus der Gentechnik versprechen, herkömmliche Lebensmittel teurer werden. Nachbarschaftliche Absprachen zur Aussetzung von Schutzmaßnahmen vor gentechnischer Verunreinigung lehnen wir ab, da GVO sonst bald in der gesamten Nahrungskette auftauchen.“

Gottfried Härle, Vorstand von UnternehmensGrün, wies darauf hin, dass ein Haftungsschwellenwert von 0,9 Prozent zur Sicherung der gentechnikfreien Produktion und der Wahlfreiheit nicht ausreiche. Ziel müsse es sein, sowohl bei Saatgut als auch für die Haftung einen Grenzwert von 0,1 Prozent festzulegen. Dies sei die Nachweisgrenze, ab der Gentech-Anwender für Schäden zahlen müssten. Anderenfalls seien tausende von landwirtschaftlichen Arbeitsplätzen in Gefahr. Härle: „Ein Haftungsschwellenwert von 0,9 Prozent hat mit der wirtschaftlichen Realität nichts zu tun. Kein Abnehmer in Deutschland akzeptiert derartig hoch verunreinigte Ware. Der Landwirt bleibt auf seinem Schaden sitzen. Das ist weder gerecht noch mit dem Verursacherprinzip zu vereinbaren.“

Stephanie Töwe, Gentechnikexpertin von Greenpeace: „Frankreich bewertet den Anbau von GVO-Mais als so riskant, dass er gestoppt wurde. Auch die EU-Kommission erkennt mehr und mehr die Gefahren und Risiken der genmanipulierten Organismen. Der Bundestag steht jetzt in der Verantwortung, die Gentechniknovelle zu verschärfen.“

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