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06.07.14 –
Schreiben des Kreisverbandes an: Bureau Energieprojecten
Inspraakpunt conceptnotitie structuurvisie schaliegas
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit möchten wir zur Strukturvision Schiefergas Stellung nehmen. Die Aufsuchung und Gewinnung von unkonventionellem Erdgas mit Fracking im Grenzgebiet zu Deutschland lehnen wir ab.
Die Gewinnung von unkonventionellem Erdgas erfolgt über eine bis in das gasführende Gestein niederzubringende Tiefbohrung. Da das Erdgas in der Gesteinsschicht gebunden ist, müssen Wegsamkeiten künstlich erzeugt werden, um das Gas gewinnen zu können. Dafür kommt die Fracking-Technologie zum Einsatz, bei der eine Frackflüssigkeit – ein Gemisch aus Wasser, Chemikalien und Stützmitteln (Sand, Ton, chemische Additive) – unter hohem Druck in das die Bohrung umgebende Gestein gepresst wird, um es aufzubrechen, Wegsamkeiten zu schaffen und die Risse offen zu halten. So kann das Gas aus dem Gestein entweichen, der Bohrung zuströmen und gewonnen werden. Ein Teil der Frackflüssigkeit wird gemischt mit Lagerstättenwasser zurückgewonnen.
Zwar sind die Erfahrungen aus den USA, wo der Einsatz dieser Technologie zur Gewinnung von unkonventionellem Erdgas seit einigen Jahren zu einem vorübergehenden Erdgas-Boom geführt hat, nicht unmittelbar auf europäische Verhältnisse übertragbar. Sie zeigen aber dennoch, dass Risiken und Konsequenzen aus dem Einsatz dieser Technologie genauer betrachtet werden müssen. Die Umwelt und insbesondere das Grund- und Trinkwasser können durch den Einsatz der Chemikalien in der eingesetzten Frackflüssigkeit sowie durch die anfallenden Abwässer gefährdet werden.
Eine Vielzahl von Studien hat gezeigt, dass aktuell die nötigen Datengrundlagen zur Bewertung der Fracking-Technologie fehlen und eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit des Grund- und Trinkwassers nicht ausgeschlossen werden kann. Eine abschließende Risikoanalyse dieser Technologie ist zurzeit basierend auf den bekannten Daten nicht möglich. Neben dem Einsatz von giftigen Chemikalien als Teil der Frackflüssigkeit ist die Entsorgung des sogenannten Flowbacks eine potenzielle Gefahrenquelle für das Grund- und Trinkwasser. Dieses muss umweltgerecht und nachhaltig entsorgt werden. Disposalbohrungen sind als Lösung zur Verbringung des Flowbacks abzulehnen, da es sich hierbei nicht um eine umweltgerechte und nachhaltige Entsorgung handelt.
Grundwasser macht vor Landesgrenzen nicht halt. Da die Grundwasserleiter auf niederländischer Seite mit jenen auf deutscher Seite verbunden sind, kann nicht ausgeschlossen werden, dass dies - insbesondere auf Grund der Grenznähe der möglichen Gebiete - Auswirkungen auf das Grund- und Trinkwasser in Nordrhein-Westfalen hätte, sollte es zu einer Verunreinigung des Grundwassers durch die Aufsuchung oder Gewinnung von unkonventionellem Erdgas kommen.
Wasser ist unser Lebensmittel Nummer 1. Deshalb dürfen Trink- und Grundwasser nicht gefährdet werden. Es muss gesichert sein, dass eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit des Grund- und Trinkwassers in Nordrhein-Westfalen durch die Vorhaben in den Niederlanden nicht zu besorgen ist. Dies muss zentraler Bestandteil Ihrer weiteren Untersuchungen sein.
Ihre Bemühungen mit Blick auf eine nachhaltige Energiewirtschaft begrüße/n ich/wir sehr. Wir teilen jedoch nicht Ihre Einschätzung, dass die Förderung von Schiefergas ein wichtiger Bestandteil eines optimalen Energiemixes sein wird. Mit einem schnellen Umstieg auf 100% erneuerbare Energien können die zuvor beschriebenen und nicht von der Hand zu weisenden fatalen Folgen der Schiefergasförderung unter dem Einsatz der Fracking-Technologie vermieden werden. Diese energiepolitischen Alternativen sind in der strategischen Umweltprüfung nach meinem/unserem Dafürhalten vertieft zu prüfen.
Nach unserer Einschätzung kann es vor dem Hintergrund der vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse derzeit nicht garantiert werden, dass es nicht zu nachteiligen Veränderung der Wasserbeschaffenheit des Grund- und Trinkwassers in Wesel Nordrhein-Westfalen durch Fracking-Vorhaben in den Niederlanden kommen wird. Wir bitten die niederländische Regierung daher, auf den Einsatz der gefährlichen Fracking-Technologie zu verzichten.
Zur Begründung im Einzelnen:
Wir haben erhebliche Bedenken gegen die Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas mit Hilfe des Fracking-Verfahrens in Gebieten in der Nähe zu Deutschland, denn nicht einschätzbare Risiken sind zu befürchten, die auch das Grund- und Trinkwasser in Deutschland beeinträchtigen könnten. Dies sind insbesondere:
a. Der Einsatz unbekannter und zum Teil giftiger, umweltgefährdender
Chemikalien.
b. Unfälle und menschliches Versagen, die dazu führen können, dass Boden und Grundwasser verunreinigt werden und große Mengen
Methan in die Atmosphäre gelangt
c. Die fragliche Langzeitsicherheit der Rohre und Zementabdichtungen, was bspw. das Risiko einer Verunreinigung des Grundwassers durch das Frack-Fluid in der Zukunft stark erhöht.
d. Unbekannte hydrogeologische Wegsamkeiten.
e. Die Entsorgung des Flowbacks, die weiterhin ungeklärt ist. So genannte Disposalbohrungen zur Entsorgung des Flowbacks verschärfen die Risiken der Verunreinigung von Untergrund und Wasser.
f. Ein hoher Wasserverbrauch, der im Allgemeinen auf Oberflächengewässer, Brauchwasserbrunnen oder das lokale Trinkwassernetz zurückgreift und somit in Nutzungskonkurrenz stehen kann.
zu a.:
Gutachten weisen darauf hin, dass die Datenlage über eingesetzte Frack-Fluide und die Kennzeichnung in Sicherheitsdatenblättern bezüglich Konzentration, Identität und der Auswirkungen im Zusammenspiel und auf die Umwelt erheblich Informationsdefizite aufweisen. Einige der den Gutachtern bekannten Frack-Additive konnten als toxisch klassifiziert werden.
Zu c.:
Besonders gravierend erscheinen Aussagen zur Langzeitbetrachtung der Barrieren, also der Zementierung und Verrohrung, die vor allem zum Schutz der Wasserhorizonte notwendig sind. Zwar wird nicht damit gerechnet, dass es zu einem Versagen der technischen Komponenten während des Frack-Vorgangs kommt, im Laufe der Zeit muss jedoch mit einem Versagen gerechnet werden.
Zu d.:
Da ein Teil der Frackflüssigkeit im Untergrund verbleibt, ist es wichtig, dass das Deckgebirge nicht durchlässig ist und es keine Verbindung zwischen gasführenden Schichten und grundwasserführenden Schichten gibt, um einen Eintrag der Chemikalien und anderen Substanzen in das Grundwasser ausschließen zu können. Da es sehr unterschiedliche geologischen Bedingungen gibt, ist eine Einzelfallbetrachtung dringend notwendig, um Risiken ausschließen zu können. Die Frage der geologischen Verhältnisse ist schon deshalb eine entscheidende, weil die Distanz zwischen den wasserführenden Schichten und den gasführenden Schichten sehr unterschiedlich sein kann. Es ist zudem nicht auszuschließen, dass durch den Einsatz von Fracking Wegsamkeiten zwischen den gasführenden Schichten und den grundwasserführenden Schichten geschaffen werden. Denn die Risse, die im Gestein durch den Einsatz von Fracking entstehen, können sich je nach Gegebenheit im Gestein weiter ausbreiten als dies beabsichtigt war.
Zu e.:
Flowback wird das mit dem Gas an die Oberfläche geförderte Gemisch aus Lagerstättenwasser und Frackflüssigkeit genannt. Im Lagerstättenwasser können sich in den tiefen Schichten natürlich vorkommende, aber giftige Stoffe, wie z.B. Arsen, Quecksilber oder auch radioaktive Partikel befinden. Bisher gibt es noch keine technischen Entsorgungsstandards, die eine umweltgerechte Entsorgung der einzelnen Bestandteile des Lagerstättenwassers beinhaltet. Disposalbohrungen erfüllen die Kriterien für eine umweltgereichte und
nachhaltige Entsorgung nicht.
Zu f.:
Abhängig von der Bohrstelle wird viel Wasser benötigt. Dies wird dem
Wasserkreislauf zum Teil permanent entzogen.
Wir behalten uns vor, diesen Einspruch näher zu erläutern sowie zu ergänzen und beantragen kostenlos und laufend persönlich über den Stand des Verfahrens informiert zu werden.
In Erwartung Ihrer Stellungnahme verbleiben wir
Für den Vorstand des Kreisverbandes von Bündnis 90 /DIE GRÜNEN Wesel
Karl-Heinz Hemmerich
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