Energieszenarien der Bundesregierung

Kaum mehr als ein plumper Werbegag für Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken

01.09.10 – von eingestellt von: Christian Winterberg –

Am 31. 8. 2010 hat die Bundesregierung Ihre lange angekündigten Energieszenarien vorgestellt, die von Prognos, EWI und GWS erarbeitet worden sind – Instituten, die den vier großen Energiekonzernen traditionell nahe stehen. Die Szenarien sollen die Grundlage für das Energiekonzept der Bundesregierung sein. Sie finden sich unter

http://www.bmu.de/energieeffizienz/downloads/doc/46367.php

 

 

Trickserei bei der Gestaltung der Szenarien

 

Hier eine erste Einschätzung: Die Szenarien übertreffen noch die negativen Erwartungen. Mit genauso plumpen wie fragwürdigen Tricks wird versucht, Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken als geeignetes Mittel zur Erreichung der Klimaschutzziele erscheinen zu lassen. Der plumpe Trick: Es wird nur ein „Referenzszenario“ mit Atomausstieg in einer Art „Business as Usual“ mit wenig ambitionierten Vorgaben an die Steigerung der Energieeffizienz in allen Bereichen gerechnet, während in den vier Szenarien mit Laufzeitverlängerungen (4, 12, 20, 28 Jahre) deutlich ambitioniertere Vorgaben zugrunde gelegt werden. So kommt es, dass in den Szenarien mit Laufzeitverlängerungen der Stromund Wärmeverbrauch in Haushalten erheblich stärker zurückgeht, die PKW weniger Sprit verbrauchen, die Kühlschränke sparsamer sind usw.. Der Energieverbrauch technischer Geräte und in Gebäuden hat mit Laufzeitverlängerungen aber nun rein gar nichts zu tun, aber durch diesen Trick stehen die Szenarien mit Laufzeitverlängerung besser da als das eine Referenzszenario mit wenig ambitionierten Energieeffizienzvorgaben, aber ohne Laufzeitverlängerung.

 

Die Bundesregierung hat auf unsere Fragen im Bundestag hin immer abgestritten, den Gutachtern solche Vorgaben gemacht zu haben. Doch im Text der Gutachter sind diese Vorgaben nachzulesen. Es erstaunt schon, dass die Büros sich für ein derart fragwürdiges Vorgehen hergeben.

 

Laufzeitverlängerungen dienen weder dem Klimaschutz noch der Preisstabilität Ansonsten finden sich in den Szenarien keine klaren Belege dafür, dass Laufzeitverlängerungen für eine Erreichung der Klimaschutzziele erforderlich wären oder eine „Brücke“ ins Zeitalter der Erneuerbaren wären. Das hat heute auch der Umweltminister im Widerspruch zum Wirtschaftsminister bestätigt. Im Gegenteil: Bei den Erneuerbaren Energien im Strombereich fallen die Ziele für 2020 noch geringer aus, als es die Bundesregierung erst vor wenigen Wochen der EU-Kommission mitgeteilt hat. Und die KraftWärme-Kopplung ist die große Verliererin in den Szenarien: Anstatt ihren Anteil wie bisher vorgesehen bis 2020 zu verdoppeln, geht die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme in allen Szenarien deutlich zurück. Eine nachvollziehbare Begründung liefern die Gutachter nicht.

 

Interessant ist die Feststellung der Gutachter, dass auch Laufzeitverlängerungen kaum günstigere Strompreise bringen werden, was für AtomkraftkritikerInnen allerdings nichts Neues ist. Überraschend allerdings ist, dass mit Laufzeitverlängerungen die Gutachter zum Ergebnis kommen, dass 2050 bis zu 31% des in Deutschland importierten Stroms importiert werden müssen.

 

Aber in den Szenarien finden sich auch positive Ansätze: So schreiben die Gutachter der Bundesregierung ins Stammbuch, dass z. B. bei der Energetischen Gebäudesanierung viel mehr getan werden muss, weil ansonsten die Klimaschutzziele keinesfalls zu erreichen sind. Doch gerade in diesem Bereich hat die Bundesregierung die Fördermittel jüngst massiv gekürzt. Man darf gespannt sein, ob hier die Vorschläge aufgegriffen werden.

 

Fazit:

Die Szenarien liefern keine substanzielle Begründung für die Verlängerung von Laufzeiten von Atomkraftwerken. Der plumpe und leicht zu durchschauende Versuch Szenarien mit Laufzeitverlängerungen gegenüber dem Referenzszenario ohne Laufzeitverlängerungen schön zu rechnen, macht die Szenarien faktisch zu einem PR-Gag für die Interessen der Energiekonzerne und damit wertlos. Als seriöse Grundlage für die Ausrichtung der Energiepolitik auf die Ziele wie Klimaschutz, Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit, Bezahlbarkeit, regionale Wertschöpfung und Technologieführerschaft taugen sie mit Sicherheit nicht.

 

Von:  Oliver Krischer, MdB, Sprecher für Energie- und Ressourceneffizienz der grünen Bundestagsfraktion

Kategorie

Kreisverband | Top-Themen