Kreiskulturtage und facebook: Erneuter Alleingang der Verwaltung

Im Rahmen eines Pilotprojektes führt die Kreisverwaltung derzeit ein Abstimmungsverfahren zu den Kreiskulturtagen 2013 durch. Hierbei kann die Bevölkerung über die eingegangenen Projektbewerbungen auf facebook abstimmen. Der Gewinner erhält eine Förderzusage. Über deren Höhe sowie die weiteren Bewerbungen entscheiden allerdings ein Arbeitskreis sowie der Fachausschuss beim Kreis.

08.05.12 –

Im Rahmen eines Pilotprojektes führt die Kreisverwaltung derzeit ein Abstimmungsverfahren zu den Kreiskulturtagen 2013 durch. Hierbei kann die Bevölkerung über die eingegangenen Projektbewerbungen auf facebook abstimmen. Der Gewinner erhält eine Förderzusage. Über deren Höhe sowie die weiteren Bewerbungen entscheiden allerdings ein Arbeitskreis sowie der Fachausschuss beim Kreis.

Sosehr die Grüne Fraktion die Einbindung größerer Bevölkerungsgruppen bei Kreisthemen begrüßt, so sehen wir jedoch auch problematische Aspekte bei der Entscheidung der Kreisverwaltung.

Immer noch ist die Nutzung des Internets zu einem Gutteil konzentriert auf jüngere und mittlere Altersgruppen. Ältere Menschen tun sich schwer mit dieser Art von Beteiligung. Durch dieses Verfahren sehen wir die digitale Spaltung der Gesellschaft verfestigt.

Noch schwerwiegender ist, dass an der Abstimmung nur teilnehmen kann, wer bei facebook angemeldet ist. Diese ausschließliche Fixierung auf facebook, ein kommerzielles Unternehmen, das in der Vergangenheit immer wieder Gegenstand der Kritik von Datenschützern war, halten wir bei einer öffentlichen Behörde wie der Kreisverwaltung für sehr problematisch. Zumindest müsste eine Abstimmung über andere Anbieter und Medien parallel angeboten werden.

Hinzu kommt die Frage der Legitimation. Wer kann abstimmen? Nur Bürgerinnen und Bürger des Kreises Wesel oder alle weltweit? Wie können dabei Manipulationen verhindert werden?

Und schließlich: Wenn der Kreis Wesel zukünftig auf die Internet-Präsenz via facebook baut, welches Personal ist dann dafür erforderlich? Die sozialen Netzwerke erfordern eine intensive Betreuung, ansonsten wird das Ganze uninteressant.

Fazit: Diese Fragen hätte die Verwaltung besser im Vorfeld mit der Politik abgeklärt, anstatt wieder einen ihrer Alleingänge zu starten.

 

Nachstehend dokumentieren wir die Anfrage der Grünen Kreistagsfraktion an die Kreisverwaltung:

  • Facebook ist ein kommerzielles Unternehmen. Die gesamte Bandbreite der interaktiven Möglichkeiten des Web 2.0 lässt sich bei facebook nur über eine Registrierung ausschöpfen. Die Abstimmung zu den Kreiskulturtagen ist also gebunden an die Registrierung bei einem Privatunternehmen. Sieht die Verwaltung darin bezüglich ihrer Neutralitätsverpflichtung eine Interessenkollision?
  • Durch die an facebook gebundene Abstimmung zu den Kreiskulturtagen wird der Kreis von potenziellen Teilnehmern auf einen netzaffinen Nutzerkreis beschränkt und insbesondere ältere Personen werden ausgegrenzt (digitale Spaltung der Gesellschaft). Sieht die Verwaltung hierin ein Problem und wenn ja, wie beabsichtigt sie dieses zu beheben?
  • Das Votum über facebook steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Arbeitskreises und des Fachausschusses. Könnte in diesem Zusammenhang der Vorwurf eines „scheindemokratischen Abstimmungsprozesses" erhoben werden, wenn die entsprechenden Gremien eine andere Wahl treffen als sie die Internet-Befragung ergeben hat?
  • Ist in einem politischen Gremium das facebook-Pilotprojekt vorberaten worden? Wenn nein, warum wurde die Politik nicht eingebunden?
  • Der Datenschutz bei facebook ist immer wieder im öffentlichen Focus. Wie beurteilt die Verwaltung diese Kritik vor dem Hintergrund ihrer engen Verknüpfung von Abstimmung und notwendiger Registrierung bei facebook?
  • Sieht die Verwaltung andere Möglichkeiten der Verbreitung von Informationen und Web 2.0 basierten interaktiven Rückkoppelungen als über facebook?
  • Welche personellen Ressourcen werden derzeit zur Betreuung des Web 2.0 - facebook - benötigt? Welche personellen Ansprüche wären mit einer Ausweitung der Kreisaktivitäten auf facebook verbunden und welche Qualifikationen zur Bearbeitung eines Bereichs des Netzes, der ein hohes Maß an Wissen und Sensibilität im Umgang mit Informationen erfordert, werden erwartet?
  • Wie und durch wen werden die Erfahrungen aus der facebook-Pilotphase ausgewertet und wer entscheidet nach deren Abschluss über das weitere Vorgehen? Ist an eine zukünftige Beteiligung politischer Gremien gedacht?

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