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12.09.08 –
Auch in Zukunft sollen Menschen nicht gezwungen sein, wieder von Amt zu Amt laufen zu müssen. Sie sollen Leistungen und Hilfen aus einer Hand bekommen. Hilfen und Angebote müssen zu den Menschen passen und nicht die Menschen für Angebote passend gemacht werden. Dafür braucht es Gestaltungsfreiheit vor Ort und flexible Instrumente, die die passgenaue Betreuung von Leistungsempfängerinnen und -empfängern möglich machen.
Zu diesem Zweck sollen Rechtsgrundlagen auf Bundesebene, gegebenenfalls einschließlich einer Verfassungsänderung, geschaffen werden, die den kommunalen Trägern Wahlfreiheit geben, eigenverantwortlich dauerhaft im Wege der Option tätig zu sein oder sich für eine andere Form der Wahrnehmung der Aufgaben zu entscheiden, auch in einer Neuauflage der bisherigen Arbeitsgemeinschaften.
Zentrale Vorgaben können individuelle Erfordernisse kaum berücksichtigen. Die sozialpolitische Kompetenz der Kommunen ist dabei entscheidend für eine gute Betreuung der Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld II.
Alle Hilfesuchenden müssen unabhängig von ihrem Wohnort einen Anspruch auf dieselben Leistungen und individuelle Förderangebote haben. Weder der kommunale Haushalt noch der Landeshaushalt dürfen Einschnitte in das Leistungsrecht begründen. Deshalb darf der Bund nicht aus seiner Verantwortung entlassen werden. Nur er kann die Rahmenbedingungen für günstige Arbeitsmarktbedingungen schaffen und nur er verfügt über die notwendigen finanziellen Ressourcen für Leistungen und Hilfen. Finanzlasten, bedingt durch eine hohe Arbeitslosigkeit, dürfen nicht auf Kommunen oder Länder verlagert werden.
Nachhaltig wirkende Hilfen für ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben müssen die Zielsetzung aller Angebote und Maßnahmen sein.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag Wesel hat daher folgende Resolution in den Kreistag Wesel eingebracht:
Mehr als 7 Millionen Menschen sind auf eine qualifizierte Unterstützung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende angewiesen. Für die Organisation der Trägerschaft im SGB II muss eine Lösung gefunden werden, die diesen Menschen dauerhaft soziale Teilhabe und gesellschaftliche Integration sowie einen guten Zugang zum ersten Arbeitsmarkt ermöglicht. Dabei geht es um mehr als Arbeitsvermittlung und Qualifizierung, nötig ist eine umfassende individuelle Unterstützung aus einer Hand.
Um dieses Ziel zu erreichen, wurde mit den Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) auch im Kreis Wesel eine Organisation geschaffen, in der die kommunale Kompetenz und die der Bundesagentur für Arbeit gebündelt sind. Im vierten Jahr der praktischen Zusammenarbeit sind positive Entwicklungen in der Zusammenarbeit der beiden Träger zu erkennen. Die Mitgestaltung der arbeitsmarktbezogenen Entscheidungen durch die Kommunen wie im Kreis Wesel oder deren alleinige Gestaltung durch die Optionslandkreise andernorts haben sich als tragende Pfeiler für die Entwicklung erwiesen.
Die in den vergangenen Jahren gemachten Erfahrungen haben allerdings auch gezeigt, dass eine deutlichere sozialpolitische Ausrichtung der Träger und größere Entscheidungsspielräume vor Ort notwendig sind.
Mit seinem Urteil vom 20.12.2007 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Arbeitsgemeinschaften in ihrer jetzigen durch § 44 b SGB II geregelten Form nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Vor diesem Hintergrund befürchtet der Kreistag Wesel, dass diese erfolgreiche Entwicklung gefährdet wird, wenn anstelle von Arbeitsgemeinschaften Strukturen geschaffen werden - wie z. B. kooperative Jobcenter -, die die Schwächen der bürokratischen Doppelstrukturen fortführen würden. Hierdurch würde der Zweck der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe gefährdet, eine effiziente, transparente und bürgerfreundliche Verwaltung zu schaffen.
Überdies riskiert die Bundesregierung mit einer untergesetzlichen Lösung die andauernde Rechtsunsicherheit in Sachen Trägerschaft. Im Zentrum der Bemühungen müssen aber die Integration und soziale Teilhabe von Arbeitssuchenden und der nachhaltige Abbau der Arbeitslosigkeit stehen. Um diese Aufgaben bewältigen zu können, müssen die Trägerstrukturen den Anforderungen folgen und nicht umgekehrt. Für eine sachgerechte Trägerstruktur müssen deshalb auch die notwendigen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden.
Auch der Kreis Wesel verfügt über weitreichende Kompetenzen und Erfahrungen in der Betreuung von Arbeitssuchenden und hat sie bereits vor der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe in konkreten Projekten eingebracht. Dabei verweisen wir besonders auf unser erfolgreiches Projekt „Arbeit statt Sozialhilfe“. Wie in anderen Kommunen hat auch bei uns die Verknüpfung von sozial-, arbeitsmarkt- und bildungspolitischen Angeboten eine lange Tradition. Es wäre ein Fehler, diese bewährten Strukturen nicht weiter zuzulassen. Die Vielfalt der Lösungen muss erhalten bleiben, allerdings mit einer gestärkten kommunalen Seite und rechtlich abgesichert.
Der Kreistag Wesel appelliert an die Bundesregierung und den Bundestag, sich dafür einzusetzen, dass
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