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09.05.14 –
Quelle: Rheinische Post, 9.5.2014, WALTRAUD WILLEKE: HAMMINKELN/SCHERMBECK Die niederrheinische Kulturlandschaft wird seit Jahrhunderten durch die Landwirtschaft und die Produktion von Nahrungsmitteln geprägt. Doch wie ökologisch ist beispielsweise heutige Tierhaltung noch?
Die Ortverbände von Bündnis 90/Die Grünen in Hamminkeln und Schermbeck haben am Mittwochabend in einem gemeinsamen Forum im Bürgerhaus Friedenshalle in Hamminkeln unter dem Schlaglicht „artgerecht statt ungerecht“ die Frage gestellt: „Wie viel Antibiotika braucht ein Tier?“
„Circa 75 Prozent aller Antibiotika landen in der Tiermast. Da fragt man sich unweigerlich, ob diese Tiere alle krank sind?“, fragte Johannes Flaswinkel, Fraktionssprecher im Hamminkelner Rat, provokativ. Als Grund für den intensiven Einsatz von Medikamenten nannte er die Haltung von Tieren auf zu engem Raum. „Wenn ein Tier erkrankt, werden anderen mitbehandelt und dies im Laufe eines Mastvorgangs eventuell auch mehrfach“, verdeutlichte Flaswinkel seine Haltung. „Massentierhaltung gibt es auch in Hamminkeln und Schermbeck“, erinnerte er an den vergeblichen Kampf der Grünen gegen eine Hähnchenmastanlage in Nordbrock. Erfolgreicher war der Protest in Schermbeck.
Wie sieht nun ein Tierarzt die räumlich beschränkte Haltung, den Transport von lebenden Tieren quer durch Europa oder den Einsatz von Antibiotika, das Schnabelkürzen bei Puten oder Schwanzkupieren in der Schweinemast? Als Referent gab Dr. Norbert Roers Antworten. Er leitete zwei Jahrzehnte lang eine Tierarztpraxis in Raesfeld-Erle, zog daraus seine persönlichen Konsequenzen und verkauft heute Fleisch aus artgerechter Tierhaltung.
Nach Ansicht von Dr. Roers befindet sich die Landwirtschaft in einem Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Ökologie. Die Ansprüche der Verbraucher drohten zulasten der Tiere zu gehen, indem Zuchtfortschritt forciert und letztlich akzeptiert werde. Als Ideal bezeichnete Roers, dass Kühe auf der Weide grasen, Federvieh ohne Amputation der Schnäbel Futter fassen und sich Schweine wieder im Schlamm suhlen dürfen. Nur so könne „Respekt in der Tierhaltung“ erhalten bleiben, Tier- und Artenschutz in die Landwirtschaft besser integriert werden.
Den überdimensionierten Einsatz von Antibiotika in der Tiermast hält er für bedenklich. In Deutschland würden vier Mal so viele Medikamente eingesetzt wie in den skandinavischen Ländern und doppelt so viele wie in den Niederlanden, hätten seine Recherchen ergeben.
In Dänemark gebe es beispielsweise den „grünen Tisch“, an dem Humanmediziner und Veterinäre gemeinsam ein strategisches Resistenzmanagement entwickeln, um die Bildung von multiresistenten Keimen zu erforschen. „20 Prozent dieser Keime stammen aus der Tierproduktion, Tier- und Menschresistenzen mischen sich“, so Dr. Roers.
„Massentierhaltung gibt es auch in Hamminkeln und Schermbeck“
Johannes Flaswinkel
Fraktionssprecher der Grünen im Rat der Stadt Hamminkeln
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