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19.03.02 –
Anfang der neunziger Jahre hatte der damalige Abteilungsleiter für Abfallwirtschaft im hessischen Umweltministerium mit zahlreichen Fällen von illegalem Müllexport, Betrug, Untreue und Steuerhinterziehung bei der Müllbeseitigung zu tun. Von "organisierten Kriminalitätsformen" im Entsorgungsmarkt war schon damals in Wiesbaden die Rede. Deshalb führte die damalige rot-grüne Landesregierung mit Umweltminister Joschka Fischer 1993 ein Modell ein, dass nun auch Nordrhein- Westfalen übernehmen möchte.
Wanieck baute im Umweltministerium ein eigenes Referat gegen Abfallkriminalität auf und setzte mit Heinrich Lotz einen Kriminalbeamten an die Spitze. Auf diese Weise wurden kriminalistischer Spürsinn und die Kompetenz der Umweltbehörden zusammengeführt. Denn die Müllschieber agieren über die Grenzen der Bundesländer hinweg, während die Zuständigkeit der Umweltbehörden an den Landesgrenzen endet. Staatsanwaltschaft und Polizei haben zwar bessere Instrumente für nationale oder internationale Recherchen, ihnen fehlen aber die Daten der Umweltämter für schnelle Ermittlungen. Lotz entwickelte zusammen mit Staatsanwaltschaft und Polizei eine 16-seitige Checkliste, mit der illegale Praktiken leichter aufgedeckt werden können. Der ehemalige Kripo-Beamte hat inzwischen ein Netz von Ansprechpartnern in den Umweltämtern aufgebaut, mit denen er regelmäßig Informationen austauscht. Polizisten und Umweltbeamte werden gemeinsam beim Landeskriminalamt geschult, um sich bei Recherchen im komplexen Feld des Abfallrechts schnell zu recht zu finden. Die Zusammenarbeit verläuft erfolgreich. Auf Grund der Ermittlungen des Referats wurden seit 1995 Freiheitsstrafen von insgesamt 60 Jahren verhängt. Ferner konnten Gewinne in Höhe von 19 Millionen Mark abgeschöpft werden. "Das Projekt ist ein entscheidender Fortschritt, um gegen Machenschaften bei der Müllentsorgung vorzugehen", sagt Wanieck. Das Referat überlebte auch den Regierungswechsel vor drei Jahren. Die Grünen im Düsseldorier Landtag fordern nun, das Modell auch in Nordrhein-Westfalen einzuführen . " Die Hessen haben eine bessere Erfolgsbilanz als wir", sagt der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Johannes Remmel. Das SPD-geführte Innenministerium begrüßt die Idee. Nur die SPD- Fraktion zeigt sich noch skeptisch. "Eine Aufblähung des Umweltministeriums bringt uns einer Lösung nicht näher", sagt Bernhard Kasperek, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Die jüngsten Korruptionsfälle seien weniger Umweltkriminalität als vielmehr Wirtschaftsvergehen, für deren Bekämpfung es im Innenministerium ausreichend Fachleute gebe. Die SPD hatte bereits vor vier Jahren einen ähnlichen Vorstoß der Grünen gestoppt. Im Koalitionsvertrag einigte man sich lediglich auf die schwammige Formulierung, die Zusammenarbeit der Behörden zu verbessern.
Er sperre sich nicht, wenn die Erfahrungen aus Hessen positiv seien, sagt Kasperek. Das Umweltministerium in Wiesbaden versichert: "In zehn bis 15 Prozent der Fälle konnte durch das Referat Korruption oder Bestechung aufgedeckt werden", so eine Ministeriums- Sprecherin. Einer der Fälle wird demnächst vor dem Frankfurter Landgericht verhandelt. Roland Preuß
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