Menü
04.09.01 –
Die Fragen können nach derzeitigem Kenntnisstand wie folgt beantwortet werden:
Anfrage vom 21.06.01:
1. Warum hat der Kreis Wesel der Ergänzung des Flächennutzungsplanes Ginderich/Büderich im Jahre 1998 zugestimmt, obwohl damals schon die betroffenen Gebiete als IBA-Gebiete ("importand bird areas") bekannt waren?
Die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der rechtlichen Bedeutung und Anwendung der Schattenliste sind erst später aufgetreten.
Im übrigen bestanden aus Sicht des Natur- und Landschaftsschutzes keine grundsätzlichen fachlichen Bedenken, das dem IBA zugrunde hegende Gutachten (Karte und Text) wurde dem Kreis Wesel erst nach der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange zum Flächennutzungsplan zur Verfügung gestellt.
2. Welche konkreten Konsequenzen hat die Beachtung der Schattenliste der Naturschutzverbände bzw. eine Festlegung als faktisches Vogelschutzgebiet (entsprechend OVG Münster v, 11.05.99) für künftige Bauvorhaben und Bauleitplanungen'?
Als sog. Schattenliste wird die Vorschlagsliste 1&A (Important Bird Area) bezeichnet. Diese nicht mit der sog. FFH-Schattenliste identische Liste ist von der Europäischen Gruppe für Erhaltung der Vögel und der Lebensräume gemeinsam mit dem Internationalen Rot für Vogelschutz bzw. in der Folge Birdlife international in Zusammenarbeit mit Sachverständigen der Kommission als ein Verzeichnis der Gebiete erarbeitet worden, die für die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten in der Gemeinschaft von großer Bedeutung sind.
Sie geht für den hier Betroffenen Raum mit insgesamt rd. 48.000 ha erheblich über das zwischenzeitlich vom Land NRW an die EU gemeldete Vogelschutzgebiet (rd. 20.200 ha) hinaus, Die in der Schattenliste enthaltenen Gebiete sind soweit sie über den vom Land gemeldeten Bereich hinausgehen - nur in Ausnahmefällen aufgrund konkreter Untersuchungsergebnisse als faktische Vogelschutzgebiete zu betrachten. Die Schattenliste hat insoweit keine unmittelbare Rechtswirkung. Sie bietet aber ein wichtiges Erkenntnismittel zur Beantwortung der Frage, ob ein Gebiet grundsätzlich eine besondere Eignung zur Ausweisung als Vogelschutzgebiet hat.
D.h. "bei relevanten Vorhaben in einem von der Schattenliste erfassten Gebiet ist im Verfahren zunächst einmal zu prüfen, ob es sich nach ausschließlich Omiethologischen Kriterien bei dem betroffenen Teilbereich tatsächlich um ein faktisches Vogelschutzgebiet handelt. Wenn sich nach dieser Prüfung herausstellt, dass es sich nach den vorgenannten Kritcrien tatsächlich um ein taktisches Vogelschutzgebiet handelt oder handeln konnte, ist weiter zu prüfen, ob erhebliche Auswirkungen auf die Schutzgebiete zu erwarten sind. Die Prüfung kann bei UVP-pflichtigen Vorhaben in dem Zusammenhang erfolgen; sonst ggf, als gesonderte Einzelprüfung.
Im übrigen stützt sich die vorstehende Auffassung auf diesbezügliche Aussagcn des LKT NRW und die bisher bekannte Rechtsprechung; insbesondere eine aktuelle Entscheidung des OVG Schlcswig-Holstein vom 15.01.01 - 4 L 92/99 -. Eindeutige Auslagen des Ministeriums (MUNLV) gibt es zu dieser Fragestellung bisher nicht. Sie reichen von "nicht zu beachten" bis "zur Anwendung empfohlen".
3. Welche konkreten Konsequenzen hat nun das taktische Vogelschutzgebiet Gindcrichswardt/ Poll im Rahmen des Planfeststellungsverfahrcns für die B 58n?
Die Schattenliste begründet nicht zwingend die Annahme eines faktischen Vogelschutzgebietes. Ob ein solches betroffen ist und mit welchen Folgen für die Planung, wird wie vorstehend dargelegt - im Verfahren zu untersuchen sein.
4. Welche geplanten Bauvorhaben Im Kreis Wesel müssen einer FFH-Verträglichkcitsprüfung unterworfen werden, wenn die Schattenliste der Umweltverbände generell anerkannt wird? Welche Ausgleichsmaßnahmen nach Art. 6 FFH-Vcrträglichkeitsrichtlinie kommen ggf. in Frage?
Einzelheiten hierzu sind dem sog. "Einführungserlass zur Anwendung der FFH- und Vogelschutzrichtlinien" zu entnehmen. Allgemein ist dazu festzuhalten, dass übliche Außenbereichsvorhaben, wie privilegierte landw. Wohn- und Betriebsgebäude, als. sonstige Vorhaben zulässige Wohnbauvorhaben und Nebenanlagen, nicht darunter fallen. Notwendige Ausgleichsmaßnahmen werden in den jeweiligen Genehmigungs- oder Zulassungsverfahren durch die Genehmigungsbehörde geregelt.
5. Welche Konsequenzen hat die Entscheidung der Stadt Wesel, das Gebiet Ginderichswardt/ Poll als faktisches Vogelschutzgebiet anzuerkennen und alle innerhalb der Windkraftkonzentrationszonen beantragten Windkraftanlagen abzulehnen, für Bauanträge auf WKA im Stadtgebiet Wesel? Verlieren die Windkraftkonzentrationszonen nach dieser Entscheidung unmittelbar ihre Sperrwirkung für das restliche Stadtgebiet, oder bedarf es vorher eioes formellen Aufhebungsverfahrens?
Die Stadt Wesel hat - wie zu Frage 2 dargelegt als zuständige untere Bauaufsichtsbehörde die Frage, ob hier ein faktisches Vogelschutzgebiet betroffen ist geprüft und gestützt auf ein Gutachten von Herrn Dr. Mooj die Genehmigungen für die hier konkret beantragten Windencrgieanlagen untersagt. Ob diese Entscheidungen einem evtl. Rechtsmittelverfahrcn standhalten, kann hier nicht beantwortet werden (siehe auch Frage 6).
Das bedeutet m.E. nicht, dass z.B. Anlagen geringerer Höhe oder anderer Bauart nicht doch noch innerhalb der Konzentrationszonen zulässig sein könnten.
Im übrigen bedeutet die Darstellung im Flächcnnutzungsplan nicht zwingend, dass das jeweils beantragte Vorhaben allen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht und ihm keine öffentlichen Belange mehr entgegenstehen können.
Ob die Stadt Wesel es bei den derzeit im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszonen beläßt oder diesen ggf. ändert, obliegt zunächst einmal ihrer alleinigen Zuständigkeit als Trägerin der Planungshoheit im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung.
6. Wie wird sich der Kreis im Widerspruchsverfahren, das dem Gerichtsverfahren zur Aufhebung der Ablehnungsbcschcidc der Stadt Wesel bzgl. der geplanten Gindericher und Büdericher Anlagen vorgeschaltet ist, verhalten?
Sofern die Stadt Wesel einem evtl. Widerspruch nicht abhelfen kann, wird der Kreis im Widerspruchsverfahren die Rechtmäßigkeit der von der Stadt Wesel getroffenen Entscheidung prüfen und über den Widerspruch entscheiden. Dem Ergebnis hier vorzugreifen wäre auch verfahrensrechllich bedenklich.
7. Erkennt der Kreis als Untere Bauaufsicht im Alpener Raum die Schattenliste der Umweltverbände an, und wird er sich dem Verhalten der Stadt Wesel ausschließen und alle Anträge tut Anlagen ablehnen, die sich innerhalb des faktischen Vogelschutzgebiete befinden?
Siehe Antwort zu Frage 2. Die Frage, ob tatsächlich faktische Vogclschutzgebicte betroffen sind und mit weichen Folgen für die jeweils beantragte Anlage, ist jeweils zu prüfen.
8. Wie wird der Kreis in Zukunft dafür sorgen, dass eine selektive Instrumentalisierung des Vogelschutzes (Windkraftanlagen werden untersagt, aber andere Bauvorhaben ohne Rücksicht auf Vogelschutz genehmigt" unterbleibt und die Einheitlichkeit des Verwaltungshandelns bzgl. der Sicherung von Vogelschutzgebieten gewahrt wird.
Aus den Antworten wird m.E. deutlich, dass von einer selektiven Instrumentalisierung keine Rede sein kann.
Die Einheitlichkeit des Verwaltungshandelns wird durch Information der betroffenen Kommunen und durch die jeweiligen Beteiligungsverfahren gewahrt.
9. Ab welcher Zahl kann bzw. muss eine UVP bei beantragten Windkraftanlagen gefordert werden, in wessen Zuständigkeit fällt die Festlegung der Notwendigkeit einer UVP, und wer kann mit der Durchführung einer UVP beauftragt werden?
Nach dem am 03.08.01 in Kraft getretenen Änderung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Bundesgesetz) ist bei 20 oder mehr nahe beieinanderliegenden anlagen eine UVP zwingend. Bei 6 19 Anlagen, findet eine allg. Vorprüfung statt, oh das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Bei 3 - 5 ist eine Standort bezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn trotz geringer Größe oder Leistung aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten erhebliche Umweltauswirkungen zu erwarten sind.
Die Feststellung der Notwendigkeit einer UVP trifft die jeweilige Genehmigungshehörde. Der Gutachter wird im Regelfall vom Antragsteller beauftragt. Im Einzelfall kann auch eine Beauftragung durch die Genehmigungsbehörde erfolgen. Die Kosten trägt jeweils der Antragsteller.
Ergänzende Anfrage vom 05.07.01:
10. Sind alle Anträge bzw. Anfragen zur Errichtung von VVEA in Alpen mit dem Beschluss des Alpener Ausschusses für Bau-, Planung und Umwelt, allen beantragten WKA das Einvernehmen zu versagen, abgelehnt?
Das gemeindliche Einvernehmen ist eine zwingend".' Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Bauvorhabens im Außenbereich. Im vorliegenden Fall hatte das für alle WEA versagte gemeindliche Einvernehmen zunächst zur Folge, dass im Rahmen der Anhörung die Ablehnung sämtlicher Bauanträge bzw. Bauvoranfragen angekündigt wurde.
Als Hauptgrund fiir die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens wurde angeführt, dass alle WEA als raumbedeutsam für das Orts- und Landschaftsbild anzusehen sind. Die mit der Anlagenkonzentration verbundene visuelle Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes widerspricht insoweit auch den Zielen des GEP.
Rechtskräftige Ablehnungsbeschcide sind noch nicht ergangen; insoweit bleibt das Ergebnis 6ea Anhörungsverfahrens abzuwarten. Nach Auswertung der im Anhörungsverfahren vorgebrachten Argumente ist es durchaus denkbar, dass für einzelne WKA die Baugenehmigung erteilt wird, sofern die im Anhörungsverfahren erneut beteiligte Gemeinde ihr Einvernehmen erteilt. Jedenfalls dürften in der Regel öffentliche Belange den W HA nicht entgegenstehen, deren Standorte im Flächennutzungsplan ausdrücklich als Konzentrationszone für W H A festgesetzt sind.
11. Muss nach dem Beschluss des betreffenden Ausschusses, für jede ein/eine WKA eine UVP zu fordern, für jede beantragte WKA ein neuer Bauantrag gestellt werden?
Nein, die UVP erfolgt im Rahmen des mit dem ursprünglichen Bauantrag eingeleiteten Verfahrens. Siehe auch Frage 12,
12. Wer fragt bei Ablehnung eines schon gestellten Bauantrages die Kosten? Werden Gebühren bei erneuter Antragstellung fällig?
Die Planungs- und sonstigen Kosten trägt der/die Antragateller/in, Im Falle der Versagung der Baugenehmigung ist eine Gebühr zu erheben, Gebührenpflichtig ist ebenfalls der/die Antragsteller/in.
Wird der Bescheid in einem nachfolgenden Rechtsmittelverfahren aufgehoben, lebt der ursprüngliche Antrag wieder auf. Die Versagungsgebühr wird dann bei Festsetzung der Genehmigungsgebuhr berücksichtigt.
Ein erneuter Antrag ist nicht erforderlich; auch dann nicht, wenn im Verfahren die Notwendigkeit einer UVP festgestellt werden sollte. Siehe auch Frage 11.
13. Wie beurteilt die Kreisverwaltung die Forderung des betreffenden Alpener Ausschüsse", die für jede Anlage eine UVP erstellt werden muss?
Die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens stützt sich hauptsächlich auf eine Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes, Siehe hierzu Frage 10. Die generelle Forderung nach Durchführung einer UVP für alle WEA kann nach derzeitiger Einschätzung letztlich nicht aufrechterhalten werden. Im weiteren Verfahren wird nach Abschluss des Anhörungsverfahrens in Abstimmung mit der Gemeinde Alpen zu prüfen sein, für weiche Anlagen das gemeindliche Einvernehmen ggf. nachträglich erteilt werden kann und unter zu Frage 9 genannten Kriterien ggf. eine UVP erforderlich wird
14. Welche Ansprüche sind nach Auffassung der Kreisverwaltung an eine UVP neu stellen?
Dies verfahrensmäßige Durchführung sowie die generellen inhaltlichen Anforderungen der UVP sind im UVPG und dem Gemeinsamen Runderlass vom 27.07.99 geregelt. Vorbereitender Bestandteil eines etwaigen UVP-Verfahrens ist ein Scoopingtermin, in dem die zu bearbeitenden Thtimenfelder festgelegt werden. Grundlage für die UVP ist ein Sachverständigengutachten, welches der Genehmigungsbehörde - in Abstimmung mit den Fachbehörden - die Entscheidungsgrundlage für die Zulassung öder Ablehnung der vorliegenden Anträge liefert. Der Gutachter wird vom Projektträger beauftragt.
15. Wie steht die Kreisverwaltung zu dem Beschluss de" Alpener Ausschusses, auch für solche WEA eine UVP durchzuführen, die In der WEA-Karte, die bei der Bezirksregierung zur Genehmigung vorliegt, in Konzentrationszonen liegen?
Gemeint ist hier wohl der Flächennutzungsplan der Gemeinde Alpen, der im Rahmcn einer Änderung die Darstellung von Konzentrationszonen vorsieht. Soweit für die in diesen Bereichen geplanten Anlagen im Einvernehmen mit der Gemeinde Alpen letztendlich die Zulässigkeit grundsätzlich m bejahen wäre, dürfte die Durchführung einer UVP entbehrlich sein, weil die umweltrelevanten Belange bereits im aktuellen Änderungsverfahren geprüft wurden und für die hier geplanten Anlagen schon rein zahlenmäßig die Notwendigkeit einer UVP nicht gegeben ist.
Kategorie