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16.06.14 –
Niederlande ist in der Verringerung der Nitratauswaschung einen großen Schritt voraus.
(Geldern, 17.06.2014) Hohe Nitratkonzentrationen stellten am Niederrhein genau so wie auf der anderen Seite der Grenze bereits vor 10 Jahren ein Problem dar. Diese Grundwasserbelastung wurde aber auf beiden Seiten anders angegangen. Während in den Niederlanden bereits seit 2006 schärfere gesetzliche Regeln bezogen auf die Düngung existieren, ließ man in Deutschland die Landwirte allein mit diesem Problem. Nun stehen die deutschen Politiker vor der Tatsache, dass das Grundwasser immer noch stark mit Nitraten belastet ist. Die zu lasche deutsche Düngeverordnung reichte nicht mal für die Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie aus, die den Schutz des Grundwasser und der Oberflächengewässer erreichen sollte. „Unsere Messungen zeigen, dass in Nordrhein-Westfalen vor allem am Niederrhein das Grundwasser weiträumig stark mit Nitraten belastet ist. Im oberflächennahen Grundwasser wurde der in der Europäischen Union gültige Grenzwert von 50 Milligramm in manchen Bereichen in über der Hälfte der Messungen überschritten.“ so Susanne Bareiß-Gülzow, Vorsitzende im VSR-Gewässerschutz. Nun haben die Gewässerschützer die im Rahmen des Projekts „Nitratbelastung des Grundwassers am Niederrhein“ gewonnenen Daten in einer Karte zusammengestellt. Die Ergebnisse der Untersuchungen von 2009 bis 2012 belegen deutlich, dass etwas passieren muss.
Die Umweltschützer wünschen sich, dass die Politiker nicht nur wenn es um die niederländische Gülle geht über die Grenze blicken, sondern sich auch die dort geltenden landwirtschaftlichen Regeln bei der Düngung ansehen. In den Niederlande müssen die Landwirte mit ihrer Gülle viel effizienter umgehen. Verlustärmere Ausbringungstechniken und Einschränkungen in der Möglichkeit hohe Stickstoffverluste durch Einsatz von mehr Mineraldünger auszugleichen haben dazu geführt, dass Gülle nicht zum Abfall verkommt, sondern einen Wert für die Landwirtschaft darstellt.
In Deutschland dagegen sind immer noch Ausbringungstechniken erlaubt, die in Niederlande schon längst verboten sind. Mit dieser alten, in Deutschland noch erlaubten Technik ist die Ausbringung von niederländischer Gülle in NRW günstiger als im eigenen Land. In Deutschland darf die Gülle noch über die Felder gespritzt werden. Diese kostengünstige Methode kann aber kaum eine effiziente Stickstoffversorgung der Pflanzen garantieren. Die Gülle wird an manchen Stellen zu dick und an anderen wiederum zu dünn aufgetragen. Damit überall ausreichend Gülle aufgebracht wird, muss die gesamte Menge notgedrungen etwas großzügiger berechnet werden. Nur Breitverteiler, die die Gülle auch nach oben schleudern, werden bis 2016 verboten. Der VSRGewässerschutz begrüßt es, dass immer mehr landwirtschaftliche Betriebe und Lohnunternehmen bei der Gülleausbringung mittels Schleppschläuchen, Schlitz- oder Injektionsverfahren die Verluste in die Luft und ins Grundwasser verringern. Sie gehen dabei über den aktuellen gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus.
Die gesetzliche Höchststickstoffmenge, die auf den Feldern landet, hängt in Deutschland nicht wie in Niederlande vom Bodentyp, dem Bewuchs oder der Pflanzensorte ab. Die einzigste Begrenzung ist bisher der von der Nitratrichtlinie vorgegebene Wert von 170 kg/Hektar Stickstoff aus tierischen Düngern, also der Gülle. Für Gärreste gibt es bis heute keine Begrenzung. Dabei hätte man gerade hierzulande, wo zwei Drittel der in der Europäischen Union betriebenen Biogasanlagen stehen, reagieren müssen. Neben Energie in Form von Gas und elektrischen Strom liefern sie große Mengen an Gärresten. Da in den Anlagen häufig statt Gülle vor allem Mais eingesetzt wird, wirkt sich die Beschränkung der aktuellen Düngerverordnung nicht aus. Gärreste aus vergorenem Mais gehören nicht zum Wirtschaftsdünger und somit gilt für diese die aktuelle Obergrenze von 170 kg/ha nicht.
Aber auch für die Verwendung an Mineraldüngern gibt es keine Obergrenze. Deutsche Landwirte dürfen davon soviel düngen wie sie wollen. Da die Kosten für eine effiziente Gülle- und Gärresteaufbringung zum Teil höher liegen als mit Mineraldünger zu düngen, sinkt der Wert der Gülle und der Gärreste für den Landwirt. Unsere Gesetzeslage führt dazu, dass diese vor allem nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten auf den Feldern aufgebracht und die dabei verloren gegangenen Stickstoffe durch Mineraldünger ersetzt werden. Die Stickstoffverluste landen im Grundwasser. Das haben niederländische Politiker bereits 2006 erkannt. Damals wurde wegen den hohen Stickstoffbelastungen und der Nichteinhaltung der Nitratrichtlinie von der EUKommission auf eine Begrenzung der Gesamtstickstoffmenge von Viehdung, anderen organischen Düngemittel und Mineraldünger gedrängt. Seitdem gelten in den Niederlanden Stickstoffobergrenzen abhängig von Boden und Pflanze. Grenzwerte für die Gesamtstickstoffbelastung sind klare Regeln, die auch kontrolliert werden können. Demgegenüber bestehen hierzulande Regeln, die sogar unlogisch sind. Zum Beispiel ist eine Stickstoffaufbringung von 180 kg/ha mittels Gülle illegal, da der Grenzwert von 170 kg/ha überschritten wurde. Dagegen ist eine Aufbringung von 170 kg/ha Stickstoff aus Gülle und weiteren 200 kg/ha Stickstoff aus Mineraldünger, d.h. 370 kg/ha Stickstoff legal, da der Grenzwert eingehalten wurde, obwohl wesentlich mehr Stickstoffe aufgebracht wurden. „Nitrate, die durch starke Regenfälle in tiefere Schichten verlagert wurden, können nicht mehr von den Pflanzen ausgenutzt werden. Ob sie aus Gülle, Gärresten oder Mineraldünger stammen ist egal – sie landen im Grundwasser. Manchmal hilft der Blick über die Grenze nicht nur um zu schauen, woher die Gülle kommt, sondern was für eine Gesetzeslage für klarere Regeln sorgen kann,“ so Susanne Bareiß-Gülzow.
Das niederländische System schränkt die Landwirte bei der Düngeaufbringung nicht nur ein, sondern ermöglicht auch den größeren Einsatz von Gülle statt Mineraldünger. Niederländische Landwirte können im Gegensatz zu deutschen Landwirte immer noch für die Gülleausbringung auf Grünland Sondergenehmigungen bis 230 kg/ha erhalten. Auf diese Weise können Mineraldünger eingespart werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass im Jahr durch den Grasschnitt mehr Stickstoff entzogen wird. Wegen der hierzulande längst überfälligen Düngeverordnung ist diese Möglichkeit für deutsche Landwirte von der EU-Kommission seit diesem Jahr gestrichen worden. Der VSR-Gewässerschutz fordert, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit die Landwirte Mineraldünger durch Gülle ersetzen können. Auf diese Weise verringert sich dann die Nitratauswaschung, da die Gesamtmenge des aufgebrachten Stickstoffs aus Gülle, Gärresten und Mineraldünger verringert wird – Gülle und Gärreste werden dann nicht zusätzlich, sondern statt des Mineraldüngers eingesetzt.
Kontakt: Dipl.-Phys. Harald Gülzow, Tel. 0170 3856076
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