BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Grüne Kreis Wesel

In welchem Zustand sind unsere oberirdischen Gewässer?

Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) fordert in § 29 (1) im Einklang mit der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie die Erreichung des guten ökologischen Zustandes bzw. Potenzials sowie des guten chemischen Zustands für alle oberirdischen Gewässer bis Ende 2015.

29.06.15 – von J. Bartsch, Grüne Fraktion –

Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) fordert in § 29 (1) im Einklang mit der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie die Erreichung des guten ökologischen Zustandes bzw. Potenzials sowie des guten chemischen Zustands für alle oberirdischen Gewässer bis Ende 2015.

Fristverlängerungen bis maximal 2027 sind ausnahmsweise möglich.

Derzeit befindet sich in NRW der Entwurf des Zweiten Bewirtschaftungsplanes für den Zeitraum von 2016 bis 2021 in der öffentlichen Beteiligung.

Die Unteren Wasserbehörden sind insbesondere dafür zuständig zu gewährleisten, dass in den Gewässern in Nordrhein-Westfalen, die nicht zu den Gewässern erster oder zweiter Ordnung gehören („sonstige Gewässer“), die Bewirtschaftungsziele gem. §§ 27 bis 31 WHG eingehalten werden. Sie haben unter Berücksichtigung von Bewirtschaftungsplan und Maßnahmenprogramm Maßnahmen zu ergreifen, die zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele erforderlich sind. Dazu zählen z.B. Monitoring und Ursachenforschung, ggf. Planung, Koordinierung sowie die Anordnung oder die Genehmigung von Maßnahmen.

Um diese hoheitliche Pflichtaufgabe fristgemäß zu erfüllen sind die erforderlichen Ressourcen in der Haushalts- und Personalplanung zu berücksichtigen.

Um die Situation im Kreis Wesel sachgerecht beurteilen zu können, hat die Grüne Kreistagsfraktion einen Fragekatalog vorgelegt, den die Verwaltung in der Juni-Sitzung des Umweltausschusses beantwortete. Wir dokumentieren nachstehend die Ergebnisse:

Erreichungsgrad der Bewirtschaftungsziele

Für wie viele Oberflächenwasserkörper (Anzahl und Gesamtlänge) ist die untere Wasserbehörde zuständig?

Nach der Gewässerstationierungskarte des Landes NRW beträgt die Gesamtlänge der Gewässer in der Zuständigkeit des Kreises Wesel 904 km. Jedoch sind viele Kleingewässer nicht digital erfasst. Die tatsächliche Länge der Gewässer liegt somit höher als die Auswertung auf Grundlage der Gewässerstationierungskarte (Anlage 1) verwiesen. Die Berichtspflicht nach EU-WRRL gilt nur für Gewässer mit einem Einzugsgebiet von mehr als 10 km². Diese berichtspflichtigen Gewässer haben eine Gesamtlänge von 427 km und bestehen aus insgesamt 79 Oberflächenwasserkörpern (Anlage 2).

Wie hoch sind davon jeweils die Anteile (bezogen auf Anzahl und Fließlänge), für die bereits heute die Bewirtschaftungsziele erreicht bzw. noch nicht erreicht sind?

Allgemein ist festzuhalten, dass die in den Bewirtschaftungsplänen vorgegebenen Bewirtschaftungsziele heute noch nicht erreicht sind. Eine genaue Angabe hinsichtlich des Erreichungsgrades der Bewirtschaftungsziele – bezogen auf die einzelnen Oberflächenwasserkörper – ist so nicht möglich. Die hiermit verbundene Auswertung des komplexen Datenbestandes kann nur durch das LANUV erfolgen, das als zuständige Fachbehörde nach einem landesweit vorgegebenen Programm die verschiedenen Bewertungsparameter ermittelt und zusammengefasst hat. Diese Auswertung hat bisher noch nicht stattgefunden.

Wie hoch ist der Anteil der Oberflächenwasserkörper (bezogen auf Anzahl und Fließlänge), für die die Bewirtschaftungsziele aufgrund fehlender Durchgängigkeit für Fische und andere Wasserlebewesen noch nicht erreicht sind?

Viele Gewässer weisen ein Durchgängigkeitsdefizit auf. Für das Nichterreichen der Bewirtschaftungsziele sind aber im Regelfall mehrere Faktoren verantwortlich – neben der fehlenden Durchgängigkeit z. B. Defizite in der Hydromorphologie des Gewässers oder vorhandene Schadstoffe im Gewässer. Eine auf den jeweiligen Oberflächenwasserkörper bezogene Auswertung nur im Hinblick auf die fehlende Durchgängigkeit ist daher nicht zielführend.

Ausnahmen von den Bewirtschaftungszielen

Wie hoch ist im Kreis Wesel der Anteil der Oberflächenwasserkörper (bezogen auf Anzahl und Fließlänge), die als erheblich verändert i. S. von § 28 WHG eingestuft sind?

Von den insgesamt 79 berichtspflichtigen Oberflächenwasserkörper sind 60 als erheblich verändert eingestuft; neben den 7 künstlichen Oberflächenwasserkörpern verbleiben noch 12 natürliche Oberflächenwasserkörper (Anlage 3).

Wie hoch ist im Kreis Wesel der Anteil der Oberflächenwasserkörper (bezogen auf Anzahl und Fließlänge), für die gem. § 30 WHG abweichende Bewirtschaftungsziele festgelegt sind?

Bislang erfolgte keine Festlegung abweichender Bewirtschaftungsziele im Rahmen der vom Land aufgelegten Bewirtschaftungspläne für die Gewässer im Kreis Wesel.

Wie hoch ist im Kreis Wesel der Anteil der Oberflächenwasserkörper (bezogen auf Anzahl und Fließlänge), für die gem. § 31 WHG Ausnahmen von den Bewirtschaftungszielen festgelegt sind?

Für die Erteilung von Ausnahmen von den festgelegten Bewirtschaftungszielen für die berichtspflichtigen Gewässer im Kreis Wesel besteht derzeit keine Veranlassung.

Maßnahmen und Ressourcen zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele

Mit welchen Maßnahmen und Organisationsstrukturen stellt die untere Wasserbehörde sicher, dass Programmmaßnahmen – wie geplant – durch die zuständigen Maßnahmenträger umgesetzt und die Bewirtschaftungsziele im Kreis Wesel fristgemäß erreicht werden?

Seitens der unteren Wasserbehörde werden auf verschiedenen Ebenen Maßnahmen zur Realisierung der Umsetzungsfahrpläne ergriffen. Ein Punkt ist die Umsetzung von Maßnahmen durch den Kreis Wesel als Maßnahmenträger. Ein Beispiel hierfür ist die abgeschlossene Maßnahme „Herstellung von zwei Sohlgleiten im Bereich der Oberen Issel“. Weitere Vorhaben durch den Kreis als Maßnahmenträger sind auch in den nächsten Jahren vorgesehen. Darüber hinaus unterstützt die untere Wasserbehörde die kleineren, vielfach ehrenamtlich strukturierten Wasser- und Bodenverbände bei der Durchführung eigener Maßnahmen in fachlicher und rechtlicher Hinsicht.

Auch berät sie die Wasser- und Bodenverbände bei der Aufstellung von Unterhaltungsplänen in denen auch die ökologischen Belange berücksichtigt werden. Dies erfolgt in Abstimmung mit der unteren Landschaftsbehörde. Schließlich ist es auch ihre Aufgabe, kontinuierlich darauf hinzuwirken, dass die jeweiligen Maßnahmenträger – wie z. B. der Isselverband, Kommunen etc. - die ihnen in den Umsetzungsfahrplänen zugewiesenen Maßnahmen umsetzen. Zwangsläufig ergeben sich aus der Realisierung der in den Umsetzungsfahrplänen aufgeführten Maßnahmen in den nächsten Jahren vermehrt Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren, da naturnahe Gewässerausbauten weder im Wege der Gewässerunterhaltung noch durch „einfache“ Erlaubnisverfahren abgewickelt werden können.

Welche Finanzmittel sind für die entsprechenden Aktivitäten der unteren Wasserbehörde in den kommenden Jahren bereits eingeplant?

Für zwei Ausbaumaßnahmen an der Issel bei Haus Esselt sowie am Rehbach werden 35.000 € zur Finanzierung des 20 prozentigen Eigenanteils der Gesamtkosten bereitgestellt. Es handelt sich hierbei um Ersatzgelder aus landschaftsrechtlichen Ausgleichsverpflichtungen. Zugesagt war außerdem bereits im Jahre 2012 die Bereitstellung eines Betrages von 6.000 €, ebenfalls aus Ersatzgeldern, zur Unterstützung von Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerdurchgängigkeit der Wasser und Bodenverbände Obere Issel und Untere Issel Nord. Konkret ist vorgesehen, sich zur Hälfte an den von den ehrenamtlich geführten o. g. Wasser- und Bodenverbänden aufzubringenden 20 prozentigen Eigenanteils der anfallenden Gesamtkosten zu beteiligen. Diese Vorgehensweise beschränkt sich jedoch nur auf die ehrenamtlich geführten Wasser- und Bodenverbände. Die sondergesetzlichen Verbände benötigen auf Grund ihrer finanziellen und personellen Ressourcen keine finanzielle Unterstützung durch den Kreis Wesel. Die sondergesetzlichen Verbände wie LINEG und Lippeverband setzen Großprojekte eigenständig um.

Welches qualifizierte Fachpersonal (Anzahl und Art der Stellen) ist dafür zuständig bzw. zukünftig vorgesehen? (…)

Die Wahrnehmung der Aufgaben nach WRRL und die Abwicklung der Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren für Gewässerausbaumaßnahmen entspricht derzeit einem Stellenanteil von 0,85. In 2016 ist eine Ingenieur/innenstelle aufgrund des Eintritts in den Ruhestand wiederzubesetzen. Ferner reduziert ein Verwaltungsmitarbeiter im Rahmen der Altersteilzeit seine Wochenstundenzahl. Darüber hinaus wird es zu einer Zunahme um vorraussichtlich 10 Gewässerausbauverfahren pro Jahr kommen. Sofern die Ingenieur/innenstelle in 2016 nicht wieder besetzt und im Verwaltungsbereich die Reduzierung der Arbeitszeit nicht kompensiert wird, bedeutet dies insgesamt einen Wegfall von 1,2 Stellenanteilen nur im Bereich der Wasserrahmenrichtlinie. Damit die untere Wasserbehörde die Aufgaben mit Bezug zur Wasserrahmenrichtlinie zukünftig wie im bisherigen Umfang wahrnehmen kann, werden kurzfristig mindestens 0,5 Stellenanteile benötigt. Dieser Stellenanteil soll Gegenstand der zukünftigen politischen Haushaltsberatungen des Kreistages für den Haushalt 2016 werden.

Rechtlicher und organisatorischer Rahmen

Durch welche veränderten landesrechtlichen Regelungen, Förderkriterien oder sonstigen Rahmenbedingungen könnte nach Einschätzung der Verwaltung eine kosteneffiziente Erreichung der Bewirtschaftungsziele erleichtert werden?

Aus Sicht der Verwaltung sollte im Zuge der Novellierung des LWG von den Maßnahmenträgern verlangt werden, dass sie zum Abschluss eines Bewirtschaftungszeitraumes belegen, welche konkreten Verfahrensschritte sie zur Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen unternommen haben und welche Hindernisse dem entgegenstehen.

Auch wäre die Landwirtschaft in die Pflicht zu nehmen, um notwendige Flächen im Uferbereich der Gewässer zur Verfügung zu stellen. Ein erster wichtiger Schritt wäre ein generelles Verbot des Einsatzes von Dünge- und Pflanzenbehandlungsmitteln im Uferrandstreifen, dessen Einhaltung konsequent zu überwachen und im Falle eines Verstoßes zu ahnden wäre. Ein entsprechender Verbotstatbestand sollte in der anstehenden Novellierung des LWG aufgenommen werden. Im Entwurf zur Neufassung des LWG – welcher der Verwaltung nicht vorliegt – soll bei Gewässerrandstreifen im Außenbereich ein generelles Verbot von Pflanzenschutzmitteln ab dem Jahre 2022 eingeführt werden. Mit Inkrafttreten des neuen LWG darf ein Gewässerrandstreifen in einer Breite von 10 m nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden.

Gibt es aus Sicht der Verwaltung Faktoren, welche die Erreichung der Bewirtschaftungsziele im Kreis Wesel im Vergleich zu anderen Kreisen besonders erschweren?

Grundsätzlich gibt es keine Faktoren, welche die Erreichung der Bewirtschaftungsziele im Kreis Wesel im Vergleich zu anderen Kreisen besonders erschweren. Generell gilt, dass das Erreichen eines guten ökologischen Zustandes der Oberflächengewässer vielfach an der Nichtverfügbarkeit von Flächen entlang der Gewässer scheitert.

Der Bedarf landwirtschaftlich genutzter Fläche ist erheblich, unter anderem für Gewerbe-, Siedlungs- und Verkehrsflächen sowie für den dafür erforderlichen Kompensationsausgleich.

Des Weiteren wurde durch Biogasanlagen (Maisanbau) und die zunehmende Intensivierung der Tierhaltung der Flächendruck erhöht, wodurch steigende Kauf- bzw. Pachtpreise ausgelöst worden sind.

Als Lösungsmöglichkeit für Maßnahmen aus der Wasserrahmenrichtlinie könnten Flurbereinigungsverfahren angestrebt werden. Ein weiterer Ansatz könnte sich aus dem „Greening“ im Sinne der Flächen(nicht)bewirtschaftung ergeben. Eventuell kann eine gesetzliche Regelung getroffen werden, die hierfür eine Kompensationsleistung vorsieht.

Für eine Verbesserung der ökologischen Gewässerqualität ist es erforderlich, dass nicht nur Maßnahmen im Gewässer selbst vorgenommen werden (z. B. der Rückbau von Querbauwerken), sondern auch der Gewässerverlauf durch die Verbesserung der hydromorphologischen Struktur (durch die mäandrierende Gestaltung eines Gewässers) aufgewertet wird. Nur so können hochwertige Lebensräume geschaffen werden.

Ein weiterer Hemmschuh für die ökologische Entwicklung der Gewässer ist der Umstand, dass die vielfach ehrenamtlich geführten Wasser- und Bodenverbände gar nicht in der Lage sind, die aufwendigen Planungen für Genehmigung und Ausführung solcher Gewässerausbauten in die Hand zu nehmen. Bei einigen Wasser- und Bodenverbänden ist außerdem satzungsgemäß festgelegt, dass sie nur die Gewässerunterhaltung zur Aufgabe haben und somit allenfalls eine ökologisch optimierte Gewässerunterhaltung gefordert werden kann. Daher sind auch keine entsprechenden Haushaltsmittel für Gewässerausbauten in den Haushaltsplänen der Wasser- und Bodenverbände eingeplant.

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