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21.10.09 –
Wie jetzt bekannt wurde, hat ein Gutachten im Auftrag der Bundesatomaufsicht grobe Schlampereien im RWE-Atomkraftwerk Biblis bestätigt. Bei Elektro-Arbeiten an Sicherheitssystemen zur Störfallbeherrschung gab es laut Gutachten Planungs-, Dokumentations- und Montagefehler. Henrik Paulitz, Atomexperte der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW: "Mit diesem Gutachten wurde zudem das hessische Umweltministerium der Lüge überführt: Während das Ministerium noch mit Schreiben vom 12. September 2007 an die IPPNW behauptete, die Vorwürfe seien haltlos, wurden nach eigenen Angaben des Ministeriums tatsächlich rund 1600 Pläne auf Fehler überprüft." Das Gutachten zitiert ein Schreiben des Ministeriums: "Die Überarbeitung der fehlerhaften Pläne wurde bis Ende 2007 abgeschlossen." Außerdem habe das Ministerium der Betreibergesellschaft RWE "Verbesserungsbedarf" bei der Qualitätssicherung bescheinigt.
Hintergrund: Vor Jahren hatte sich ein Elektromonteur an die IPPNW gewandt und über schwerwiegende Schlampereien in Biblis berichtet. Die IPPNW informierte umgehend die Bundesatomaufsicht, die sich wiederum an die hessische Aufsichtsbehörde wandte und ein Gutachten beim Öko-Institut in Auftrag gab. Paulitz: "Das von Aufträgen abhängige Öko-Institut bestätigt erfahrungsgemäß nur Dinge, die absolut wasserdicht sind. So auch hier: Da RWE mit Ereignismeldungen bereits Planungs- und Montagefehler zugegeben hatte und die Aufsichtsbehörde sicherheitsrelevante Dokumentationsfehler einräumte, wurde dies nun förmlich seitens des Öko-Instituts festgestellt. Im Übrigen musste RWE sehr viel mehr Fehler zugeben als im Gutachten dokumentiert wurden."
Die Schilderungen des Elektromonteurs über die Zustände in Biblis klingen haarsträubend: "Man kann in Biblis A nicht von einer Fehlorganisation sprechen, sondern man kann das nur als Chaos bezeichnen. Einem organisatorischen Chaos und einem Chaos was die Planung und Durchführung der Änderungen betrifft. Die Atmosphäre war vergiftet durch Streit, Schuldzuweisungen, gegenseitigen Vorwürfen, Intrigen, Lügen und Bedrohung bis hin zur Nötigung zwischen dem gesamten Personal von Planung, Montage und Inbetriebsetzung." Weiterhin führte er aus: "Unter anderem war es notwendig, spezielle Absteuerungsvarianten des Antriebs durch Einlöten von Dioden am Baugruppenträger der Steuerschränke vorzunehmen. Da wir für diese spezielle Arbeit keine entsprechende Routine hatten, kam es zu Kurzschlüssen bei denen dann ganze Anschlussstifte und Leitungsverbindungen schmolzen und erheblich beschädigt wurden. Wir haben diese schadhaften Stellen notdürftig wiederhergestellt. Wenn wir den TÜV informiert hätten, hätte der ganze Baugruppenträger ausgetauscht werden müssen, wodurch es zu erheblichen Kosten und Verzögerungen gekommen wäre."
IPPNW-Fachmann Henrik Paulitz kritisiert, dass nun vermutlich wieder behauptet werde, als seien alle Mängel behoben und als würde RWE ab sofort absolute Sicherheit garantieren. "Dem widerspricht zum einen ausdrücklich das Gutachten, wonach es weitere unentdeckte Montagefehler geben kann und es sogar Hinweise auf mögliche Fehler im Reaktorschutz gibt. Zum anderen erleben wir es in regelmäßiger Beständigkeit seit 30 Jahren, dass bei RWE ab sofort alles besser wird und dann fliegt die nächste Schlamperei auf. Erinnert sei nur an die Aussage des ehemaligen Kraftwerksleiters Fred Meyer, der nach einem schwerwiegenden Störfall vom Trubel im Anfahrbetrieb des Atomkraftwerks sprach."
Weitere Informationen: www.ippnw.de/atomenergie (u.a. IPPNW-Presseinformation vom 1. August 2007)
Kontakt: Henrik Paulitz, Tel. 0032-485-866 129
Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte
für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in
sozialer Verantwortung (IPPNW)
Körtestr. 10
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www.ippnw.de
Email: ippnw@ippnw.de
Über die IPPNW: Diese Abkürzung steht für International Physicians for the Prevention of Nuclear War. Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges engagieren sich seit 1982 für eine Welt ohne atomare Bedrohung und Krieg. 1985 wurden sie dafür mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Seit 1990 stehen zusätzlich gesundheitspolitische Themen (z.B. Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Papiere, Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten) auf dem Programm des Vereins. In der IPPNW sind rund 7.000 ÄrztInnen und Medizinstudierende organisiert.
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