Umweltskandal in Schermbeck: Vertrauen in den Aufklärungswillen der Kreisverwaltung verloren

Brief an Regierungspräsidentin Radermacher

09.01.20 –

Ulrike Trick , stellvertretende Vorsitzende der GRÜNEN Kreistagsfraktion, erkärt zur Aufarbeitung des Umweltskandals in Schermbeck: "Der Kreis Wesel geht seit vielen Jahren viel zu nachlässig mit der Hünxer Firma Nottenkämper um. Das Vorgehen von Landrat Dr. Ansgar Müller rund um die Aufklärung der Korruptionsvorwürfe gegen einen Mitarbeiter seines Hauses ist nicht geeignet, den Fall zweifelsfrei aufzuklären. Das Vertrauen in den Aufklärungswillen der Kreisverwaltung ist verloren.“

Hubert Kück, Vorsitzender der Kreistagsfraktion, dazu: "Die GRÜNE Kreistagsfraktion bittet Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher, die laufenden Ermittlungen im Fall eines der Korruption verdächtigten Mitarbeiters der Kreisverwaltung im Rahmen ihrer Kommunalaufsicht an sich zu ziehen."

 

Brief

Sehr geehrte Frau Regierungspräsidentin Radermacher,

seit ca. 3 Monaten ermittelt eine Mitarbeiterin Ihrer Behörde im Auftrag des Landrats für den Kreis Wesel, Dr. Ansgar Müller, im Fall eines der Korruption verdächtigten Mitarbeiters der Kreisverwaltung im Ölpelletsskandal in Hünxe und Schermbeck.
Die Kreistagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen verfolgt die Ermittlungen in diesem Umweltskandal von Beginn an und hat in Zusammenarbeit mit dem Gahlener Bürgerforum durch intensive Recherchen zahlreiche Informationen erhalten.
Diese waren Grundlage für Anfragen an die Kreisverwaltung, die aufgrund ihrer Zuständigkeit als Genehmigungs- und Kontrollbehörde hier in der Verantwortung steht.

Bei allen Anfragen mussten sowohl wir als auch das Gahlener Bürgerforum feststellen, dass unsere Anfragen entweder sehr unwillig, mit erheblicher Zeitverzögerung (mehrere Monate) oder aber gar nicht beantwortet wurden.

Wir sehen darin einen Mangel an Aufklärungswillen.

Zudem hat es in den vergangenen Jahren immer wieder begünstigendes Verwaltungshandeln des Kreises gegenüber der Firma Nottenkämper gegeben (Auflistung im Anhang), das sowohl bei uns als auch bei der Bürgerschaft Fragen aufwirft.

Die Entscheidung des Landrats, das Ermittlungsverfahren hinsichtlich des Korruptionsverdachts selbst durchführen zu lassen und somit auch den alleinigen Anspruch auf das Ergebnis zu haben und allein zu entscheiden, was öffentlich gemacht wird, ist unserer Ansicht nach nicht geeignet, den Fall zweifelsfrei aufzuklären.

Die Bevölkerung in Schermbeck und den angrenzenden Kommunen ist durch diese Vorgänge sowie die geringe Bereitschaft des Landrats und seiner Mitarbeiter, hier für Aufklärung und Transparenz zu sorgen, in hohem Maße verunsichert und hat nur noch geringes Vertrauen in deren Verwaltungshandeln.

Aus diesem Grund bitten wir Sie, die laufenden Ermittlungen im Rahmen Ihrer Kommunalaufsicht an sich zu ziehen.

§17 Landesdisziplinargesetz NRW gibt Ihnen dafür die Möglichkeit.

Eine von neutraler Stelle geführte Ermittlung würde das Ergebnis für die Bürgerschaft glaubwürdiger erscheinen lassen und geschwundenes Vertrauen wieder herstellen. 

Mit freundlichen Grüßen

      Hubert Kück
(Fraktionsvorsitzender)

Anhang zum Brief
März 1999
Nachdem die Bezirksregierung Düsseldorf die Aufsicht über die Abgrabung und Verfüllung Mühlenberg in Schermbeck auf den Kreis Wesel übertragen hat, genehmigt dieser die Einleitung der Sickerwässer aus dem Mühlenberg in das dortige Grabensystem und damit in den Gartroper Mühlenbach. Zudem wird der Katalog der erlaubten abzulagernden Abfälle erweitert. Diese Genehmigungen muss der Kreis Wesel auf Anordnung der Bezirksregierung Düsseldorf im Dezember 1999 wieder aufheben.

2001
13.000 t ölhaltige Schlämme werden auf dem Gelände der Firma Nottenkämper ungesetzlich abgelagert. Der Gestank zieht bis in den Ortskern von Gahlen. Besorgte Bürger machen die Behörden darauf aufmerksam. Der Kreis verfügt die Entfernung des Materials, sieht aber keine rechtliche Handhabe für ein Ordnungsgeld.

2011
Der Kreis Wesel teilt mit, dass aufgrund der Vielzahl der Anträge, bei Einhaltung der Grenzwerte für die jeweiligen Abfallarten, auf eine Freigabebescheinigung bei der Anlieferung verzichtet wird. Bisher musste der Betreiber der Anlage auf der Grundlage einer Deklarationsanalyse eine Freigabe des Materials beim Kreis Wesel beantragen.

Mai 2016
Aufgrund des vom LANUV gesehenen Nachbesserungsbedarfes hinsichtlich der Gefährdungsabschätzung in der Verfüllung Mühlenberg fand eine Besprechung statt mit 2 Vertretern des Kreises Wesel, 4 Vertreterinnen und Vertretern des LANUV, 2 Vertretern und Vertreterinnen der Bez. Reg. Düsseldorf und dem Vertreter des Gutachterbüros AHU. Das LANUV hatte vorgeschlagen zur Klärung der Wechselwirkung und der zukünftigen Entwicklung des Schadstoffaustrages mit dem Sickerwasser und der Bodenluft, das vorhandene Informationsmaterial systematisch aufzubereiten und auszuwerten. Dieser Empfehlung kommt der Kreis nicht nach, weil eine weitere Auswertung aus seiner Sicht nicht zielführend ist.

September 2016
Zwischen dem Kreis Wesel und der Firma Nottenkämper wird ein öffentlichrechtlicher Vertrag geschlossen. Darin verpflichtet sich die Firma Nottenkämper vorzeitig die Oberflächenabdichtung der Verfüllung Mühlenberg vorzunehmen und sämtliche Kosten der Sickerwasserentsorgung und des Grund- und Sickerwassermonitorings zu tragen. Zu diesem Zeitpunkt war der Kreisverwaltung bereits bekannt, dass Stoffe wie Ölpellets und Kronocarb illegal in der Verfüllung Mühlenberg abgelagert wurden. In dem Vertrag findet sich kein Passus, der eine finanzielle Absicherung des Risikos von notwendigen kostenintensiven Maßnahmen zur Sanierung der Verfüllung beinhaltet. Die Sicherheitsleistung beträgt 160.000 €. Es hätte eine wesentlich höhere Sicherheitsleistung eingefordert werden müssen. Auf der Grundlage des Urteils vom Bundesverwaltungsgericht vom 29.11.1991 (BVerG 7C 6.91 RZ10) wäre eine solche Nachverhandlung möglich gewesen. Der Kreis Wesel blieb hier weit unter seinen Möglichkeiten.

Juni 2018
Der Kreis Wesel teilt der Kreistagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen mit, dass er bei der Firma Nottenkämper hinsichtlich der ungenehmigten Ablagerung keinerlei Fahrlässigkeit oder Verletzung der Kontrollpflicht, die die Verhängung eines Bußgeldes rechtfertigen würde, feststellen kann. Obwohl nach Aussage namhafter Gutachter, u.a. vom LANUV, die illegal angelieferten Ölpellets sowohl visuell als auch olfaktorisch feststellbar waren, sieht der Kreis Wesel die Firma Nottenkämper als Opfer krimineller Machenschaften.

 

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